„Viele Richter sind unmotiviert“ – Eine Presseerklärung zur Berichterstattung des Hamburger Abendblatts vom 14.02.2017
Die Berichterstattung einzelner Hamburger Tageszeitungen zur aktuellen Lage in der Hamburgischen Justiz ist geeignet, grundlos das Vertrauen der Bevölkerung in die Funktionsfähigkeit der Justiz nachhaltig zu erschüttern.
Der Hamburgische Richterverein hat immer anerkannt, dass eine kritische Begleitung der Arbeit der Dritten Gewalt durch die Presse im demokratischen Rechtstaat unabdingbar ist. Dabei hat die Presse in ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Unabhängigkeit, die im Übrigen in der Lebenswirklichkeit weit über die neuerdings reflexartig kritisierte richterliche Unabhängigkeit hinaus geht, die Möglichkeit, auch plakativ und mit einer „knackigen“ Schlagzeile aus ihrer Sicht bestehende Missstände oder Versäumnisse anzuprangern. Diese journalistische Freiheit erfordert aber auch Verantwortung als ihre Kehrseite. Zu dieser Verantwortung gehört zuvorderst, Tatsachen zu ermitteln, bevor Tatsachenbehauptungen aufgestellt oder kolportiert werden oder Skandale daraus abgeleitet werden. Zu dieser Verantwortung gehört zudem, Gegenargumente zu Wort kommen zu lassen.
Es legt daher beredtes Zeugnis ab, dass ein an das Abendblatt gerichteter Leserbrief der Präsidentin des Landgerichts nicht abgedruckt wurde. Wir geben den nicht veröffentlichten Leserbrief hier zur Kenntnis. Ihm ist an dieser Stelle inhaltlich nur hinzuzufügen, dass die Einschätzung der Präsidentin des Landgerichts sowohl für die Staatsanwaltschaft als auch für alle Hamburgischen Gerichte gilt:
Zu: „Viele Richter sind unmotiviert. Buch untersucht Verzögerungen in der Justiz: Beamtenmäßiges Arbeitsverständnis (Hamburger Abendblatt vom 14.02.2017)“ „Dieser Aussage kann ich nur vehement widersprechen. Ohne den überobligatorischen Einsatz der Richterinnen und Richter, ihr hohes Arbeitsethos und Verantwortungsbewusstsein wäre das Landgericht Hamburg bei seiner in allen Bereichen viel zu knappen Personalausstattung längst in die Knie gegangen. Das einzige, was Richter wirklich demotiviert, sind diffamierende und ehrabschneidende Behauptungen und Schlagzeilen wie in der heutigen Ausgabe des Hamburger Abendblatts. Seit Jahren schon stellt die hamburgische Justiz die juristische Crème de la Crème ein (und nicht frustrierte Ex-Anwälte). Glauben Sie wirklich, dass diese 2 hochkompetenten und -motivierten Kollegen es an einer effizienten Arbeitsweise fehlen lassen? Glauben Sie mir: Das Gegenteil ist der Fall, wie mir auch immer wieder aus der Anwaltschaft bestätigt wird! Bei allem Verständnis dafür, dass Autoren ihre Bücher mit Hilfe reißerischer Aussagen verkaufen wollen. Hier handelt es sich um antiquierte Vorstellungen, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben und sowohl Richter als auch Beamte, deren Arbeitsverständnis in unzulässiger Weise pauschal herabgewürdigt wird, diskreditieren.“
Im Übrigen hat sich Herr Dr. Wagner gegenüber dem Hamburgischen Richterverein wie folgt geäußert:
„Ein Artikel in der gestrigen Ausgabe des Hamburger Abendblatts über die Hamburger Justiz trug die Überschrift „Viele Richter sind unmotiviert“. Diese Überschrift stammt nicht von mir, und ich habe sie auch nicht gekannt. Ich halte sie nicht für vertretbar. Das ist nicht meine Meinung und sie entspricht auch nicht dem Inhalt meines Buches…“
Auch das gilt es zu Gehör zu bringen.
Hamburgischer Richterverein
Der Vorstand