Senat der Freien und Hansestadt Hamburg
Personalamt nur per E-Mail 23. Juni 2023
Betr.: Entwurf eines Hamburgischen Besoldungsstrukturgesetzes
hier: Stellungnahme des Hamburgischen Richtervereins im Beteiligungsverfahren
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Hamburgische Richterverein e. V. dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf eines Hamburgischen Besoldungsstrukturgesetzes. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass mit dem Besoldungsstrukturgesetz die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere für Familien mit mehr als zwei Kindern umgesetzt werden sollen und insoweit die Familienzuschläge z.T. deutlich angehoben werden sollen. Dennoch ist der Entwurf weit davon entfernt, den gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen einer unabhängigen Justiz zur Gewährleistung des Rechtsstaats auch nur im Ansatz angemessen zu begegnen. Statt sich dem Befund zu stellen, dass vom Gehalt eines Richters der Eingangsstufe R1 in Hamburg keine Familie unterhalten, kein Eigenheim erworben und auch nicht mehr halbwegs sorgenfrei gelebt werden kann, und die Gehälter entsprechend der Empfehlung der EUKommission erheblich anzuheben, soll der Richterberuf zu einer Beschäftigung degradiert werden, die sich nur noch Personen mit einer vermögenden Partnerin oder einem finanzstarken Partner leisten können. Damit werden zugleich unzulässige Einstiegshürden aufgebaut, die sich insbesondere zu Lasten von Bewerberinnen und Bewerbern aus Arbeiterhaushalten und mit Migrationshintergrund auswirken können, wenn sie nicht gerade von Haus aus über die notwendige finanzielle Unterstützung verfügen. Der Entwurf ist zudem geeignet, die Kolleginnen und Kollegen bei der Ausübung ihrer richterlichen und staatsanwaltlichen Tätigkeit nachhaltig zu demotivieren. Denn auch das Besoldungsstrukturgesetz beseitigt nicht einmal die bestehende Unteralimentation, sondern führt die als verfassungswidrig erkannte Praxis letztlich institutionell fort. Insbesondere entfernt sich die Besoldung in Hamburg durch das Besoldungsstrukturgesetz von dem vom Grundgesetz vorgesehenen Grundsatz der amtsangemessenen Besoldung und führt eine Art beamtenspezifische ergänzende Grundsicherung ein. Den Besonderheiten der Ausübung richterlicher und staatsanwaltschaftlicher Tätigkeit wird der Entwurf nicht einmal im Ansatz gerecht. Erst recht trägt er nicht dazu bei, die bestehenden Nachwuchssorgen zu beseitigen oder auch nur zu mildern. Das Ziel einer weit überdurchschnittlich leistungsstarken und zugleich diversen Richterschaft und Staatsanwaltschaft kann nur gewährleistet werden, wenn die soziale Position wieder als gesellschaftlich herausgehoben angesehen wird, wozu notwendig eine entsprechende Alimentation gehört. Zu den Regelungen im Einzelnen: 1. Zu Artikel 1 – Erhöhung des Familienzuschlags nach dem Hamburgischen Besoldungsgesetz und zu Artikel 2 - Änderung des Hamburgischen Besoldungsgesetzes Durch die Erhöhung des Familienzuschlags der Stufe 2 von bisher 270,77 € um 45,29 € auf 315,96 € zum 1. Januar 2022 (bzw. bei mehr als einem Kind eine Erhöhung des Familienzuschlags für das zweite zu berücksichtigende Kind um 170 € (bisher 124,81 €), für das dritte und jedes weitere zu berücksichtigende Kind um 690 € (bisher 385,69 €; zum 1. Januar 2023 um 800 €) sollen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden(a). Neu eingeführt wird zu diesem Zweck ergänzend der sog. Besoldungsergänzungszuschuss(b). a. Soweit der Gesetzgeber die Idee verfolgt, mit der „Einführung eines Besoldungsergänzungszuschusses und einer deutlichen Erhöhung des kinderbezogenen Familienzuschlags passgenaue Instrumente zur nachhaltigen Gewährleistung einer amtsangemessenen Alimentation im Hamburgischen Besoldungsgesetz“ zu implementieren, dürfte sich diese Einschätzung als unzutreffend erweisen. Vielmehr ließe sich die Einführung dieser Regelungen als Abkehr von der Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung einer dem Amt angemessenen Besoldung verstehen. Bisher war das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Besoldungsgesetzgeber bei der Bemessung der Grundbesoldung eine Alleinverdienerfamilie mit zwei Kindern zugrunde gelegt habe. Mit dem Besoldungsstrukturgesetz will der Gesetzgeber nunmehr erstmals eine neue Bezugsgröße festlegen: die der vierköpfigen Doppelverdienerfamilie. Da das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen auch insoweit einen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers annimmt (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020, 2 BvL 6/17, BVerfGE 155, 77, juris Rn. 30), dürfte dies als zulässig anzusehen sein. Aber auch insoweit unterliegen Struktur und Höhe der Alimentation weiterhin der gerichtlichen Kontrolle (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020, 2 BvL 4/18, BVerfGE 155, 1, juris Rn. 26). Aber auch die neu festgelegte Bezugsgröße wurde nicht konsequent umgesetzt, um eine dem Amt